Das war sehr schön

Tobias Malcharzik, Laurin Thiesmeyer | Was ich gewagt haben würde gedacht zu haben

Foto: Patricia Hempel

Foto: Patricia Hempel

In feinster Astro-TV Manier rekapituliert eine sonore Stimme den Beginn von Zeit und Raum, die Entwicklung von Mensch und Tier. Eine psychedelisch anmutende Schlange kriecht den Körper der Performer entlang und findet schließlich an Wand und Decke zu voller Größe. Dann: Kippe an. Pause. Laurin und Tobi erzählen von sich und ihrem Menschsein zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Ersterer beklagt: „Ich trau mich nicht mit den Pfirsichen zu tanzen.“ Dann verspeist er eine halbe Zwiebel.
Im Moment der Selbsterkenntnis beginnt der Mensch sich auf das zu konzentrieren, was ihn von den anderen unterscheidet. Die genauere Betrachtung eines Blumenkohls soll Abhilfe schaffen. Der Blumenkohl gehört zur Familie der Kreuzblütler. Er weist eine fraktale Struktur auf, das bedeutet ein hohes Maß an Selbstähnlichkeit. Das Anliegen: Besinnt euch zurück auf das große Ganze, dann könnt ihr Viele sein.
„Was ich gewagt haben würde gedacht zu haben“ war Wellnesstheater im bestmöglichen Sinne mit jeder Menge zarter Streicheleinheiten für die katergebeutelte Seele.

Die Zahl der Opfer beläuft sich derzeit auf drei Blumenkohle und acht Zwiebeln. Tendenz steigend.

kohl

Die gemeine Gemüsezwiebel ist ein degradiertes Gemüse. Schuld an diesem Umstand sind unter anderem Henrik Ibsen und sämtliche Menschen, die Döner ohne Zwiebeln bestellen. Oder bestellen sie Döner ohne Zwiebeln, weil die Zwiebel ein degradiertes Gemüse ist? Bei dieser Frage ist die topologische Sortierung fast genau so unmöglich wie bei dem Henne-Ei-Problem.
Tatsache ist: Die Zwiebel bekommt im Leben nichts geschenkt. In Was ich gewagt haben würde gedacht zu haben stellen Laurin und Tobias dem armen Lauchgewächs einen neuen, ähnlich symbolträchtigen Leidensgenossen an die Seite, den Blumenkohl. Der Blumenkohl nämlich kann so einiges, was nicht exklusiv damit zusammenhängt, dass er aussieht wie ein großes, weißes Gehirn. Was genau der Blumenkohl zu repräsentieren im Stande ist, soll hier aber noch nicht verraten werden. Laurin und Tobias mögen schließlich keine Spoiler. Das einzige, was ich weiter erzählen darf: Die beiden werden sich an diesem Wochenende ständig an der Grenze zur Esoterik bewegen und was noch viel brisanter ist: Es wird den kitschigsten Bühnenmoment geben, den das Hildesheimer Theater je erlebt hat. Als Konsequenz fürchten sie das sofortige Ende ihres Studiums und eine Karriere in der deutschen Soaplandschaft.

Laurin Thiesmeyer & Tobias Malcharzik
Was ich gewagt haben würde, gedacht zu haben
Freitag, 18 Uhr + Samstag, 14 Uhr / Haus 48 Empore 2 ; Samstag, 16 Uhr / Think Tank